Was hat es bei der betrieblichen Altersversorgung mit der IDD auf sich? Was ist "IDD" überhaupt und warum sollten Arbeitgeber und auch Mitarbeiter das wissen?
1. Was bedeutet IDD?
IDD ist die Abkürzung für Insurance Distribution Directive, zu Deutsch: Versicherungsvertriebsrichtlinie. Die Richtlinie gibt einen Rahmen vor, an den sich die einzelnen Mitgliedsländer der EU bei der Umsetzung in nationales Recht bewegen können. Eine Mindestharmonisierung, die die einzelnen EU-Länder aber nicht daran hindert, strengere Regeln zu Transparenz- und Wohlverhaltenspflichten im jeweiligen Land aufzustellen.
2. Wesentlicher Kern!
Für Versicherungsvermittler, also Ausschließlichkeitsvertreter, sog. Mehrfachagenten und Versicherungsmakler stellt die IDD darunter auch ein strenges Regelwerk ihrer Beratungs- und Vermittlungstätigkeit dar und zwar seit dem 23. Februar 2018.
Und nun zeige ich Ihnen einmal anhand zweier Auszüge aus der IDD, was für die betriebliche Altersversorgung (und übrigens auch für die Riester-Altersvorsorge) z.B. nicht gilt:
2.1 Vermeidung von Interessenkonflikten
Vertreiber von Versicherungsanlageprodukten müssen gem. IDD potentielle Eigen- oder wahrgenommene Fremdinteressen, die mit der Beratungs- und Vertriebsmaxime des Handelns im bestmöglichen Interesse des Kunden kollidieren oder das Ergebnis der Versicherungsvertriebstätigkeit zum Nachteil des Kunden beeinflussen könnten, ermitteln, vermeiden bzw. offenlegen

(BAV: Betriebliche Altersversorgung)
2.2 Beratung und Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten
Für die Beratung und Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten gelten laut IDD besondere Informationspflichten, insbesondere ist hinsichtlich des angebotenen Versicherungsanlageprodukts eine so genannte Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfung durchzuführen.
Auch sind neben vielen anderen Pflichten Vermittlern und Kunden sog. Basisinformationsblätter von den Versicherungsgesellschaften zur Verfügung stellen. Diese beinhalten alle wichtigen Merkmale und vor allem Risiken des jeweiligen Produkts. Zudem sind der Aufbau und die Form dieser Basisinformationsblätter bei allen Produkten und Gesellschaften gleich, was die Vermittler und Kunden in die Lage versetzen soll, (Versicherungs-) Anlageprodukte besser vergleichen zu können.

3. Fazit
Nach der Logik des Gesetzgebers stellen Mitarbeiter von Unternehmen keine Verbraucher dar, sofern diese ihre höchst persönliche Altversvorsorge im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung aufbessern wollen. Die harten Regeln des Verbraucherschutzes werden einfach außer Kraft gesetzt.
4. Frage: Wem nützt das?
Die Antwort auf diese Frage bringt Licht ins Dunkel. Ausgangsfrage: Wer sind denn die Beteiligten bei der betrieblichen Altersversorgung?
Wer könnte ein Interesse daran haben, das Mitarbeiter nicht genauso gründlich und transparent beraten werden, wie sie einen Anspruch darauf hätten, wenn sie Altersvorsorgeverträge privat abschlössen? Und wer verfügt in diesem Konglomerat von Beteiligten zudem über die stärkste Lobby gegenüber dem Gesetzgeber?
5. Die Folge
Da die betriebliche Altersversorgung mit dem neuen Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRstG) spätestens seit dem 01.01.2018 - politisch gewollt! - immense an Fahrt gewinnen soll und sie wirtschaftlich für alle Vertreiber zudem hoch interessant ist, besteht nunmehr die Möglichkeit, sich ohne Angemessenheits- und sogar ohne Geeignetheitsprüfungen, ohne Risikodarlegungen und ohne Produktvergleiche auf das schwächste Glied in der Kette der Beteiligten zu "stürzen": Die Mitarbeiter.
6. Warum ich diesen Beitrag geschrieben habe
Ich bin gebeten worden, mir ein Angebot für eine betriebliche Altersversorgung anzusehen, welches eine Mitarbeiterin von ihrem Arbeitgeber, resp. von der das Unternehmen betreuenden Versicherungsvermittlerin (keine Maklerin!) unterbreitet bekam. Im Vorfeld wurde abgestimmt, dass die Mitarbeiterin 200 € ihres monatlichen Bruttogehalts in eine betriebliche Direktversicherung einzahlen würde.
6.1 Was ich entdeckte
Zunächst erst einmal entdeckte ich nicht viel. Lauter schöne Tabellen, in denen vor allem die staatliche Förderung deutliche gemacht wurde. Dann eine Musterberechnung mit handschriftlichen Anmerkungen. Kurzum, ein par Blätter.
Ich bat die betroffene Mitarbeiterin daraufhin, sich die kompletten Angebotsunterlagen einmal schicken zu lassen. Nach einem Tag lag das erwartete 106 Seiten starke Dokument vor.
Eine Fundgrube des Entsetzens tat sich zu einem Versicherungsprodukt auf, das zudem mit dem Argument besonders geringer Kosten beworben wurde, da es sich um einen sog. Gruppenversicherungsvertrag handelt:
Nun frage ich Sie: Ist es nachvollziehbar, dass im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung die sonst geltenden Vorschriften von Transparenz und Fairness, von unbedingter Vermeidung von Interessenkonflikten und einer zwingenden Risikoabwägung komplett außen vor bleiben?
7. Warum sollten Arbeitgeber aufpassen?
Für all das, was ein Versicherungsvertrag im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung regelt, haftet subsidär immer der Arbeitgeber. Verschärfend stellt sich diese Situation bei der Entgeltumwandlung dar, denn hier kommt dem Arbeitgeber eine Treuhänderfunktion für den Arbeitslohn seiner Mitarbeiter zu. Die Leistung, die sich aus einem betrieblichen Altersversorgungsvertrag ergibt, darf beispielsweise nicht geringer ausfallen, als die Summe des verwendete Teils des Arbeitslohns.
Wenn also bereits die ausgewiesene Garantiekapitalsumme niedriger ausfällt, als das, was eingezahlt worden wäre, ist höchste Vorsicht geboten. Denn am Ende lauert die Gefahr, dass sich benachteiligte Mitarbeiter ihre bestehenden Renten-Finanzlücken vom Chef hinterher wieder auffüllen lassen.
8. Die Lösung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Für beide Seiten ist es von Vorteil, einen Versicherungsmakler für die Umsetzung von betrieblichen Altersversorgungskonzepten einzuschalten. Denn ein ordentlich arbeitender Versicherungsmakler wird die strengen Vorgaben der IDD hinsichtlich seiner Beratung, Aufklärung und Vermittlung nicht ignorieren (können).
Zudem sollten Provisionsprodukte komplett außen vor gelassen werden. Der Versicherungsmakler sollte hier ausschließlich auf Honorarbasis tätig sein. Wie man anhand meines Beispiels sehen konnte, bedeutet die Tatsache, dass man dem Versicherungsvermittler kein Geld für seine Tätigkeit zahlt, nicht, dass es nichts kostet. Das Gegenteil ist der Fall!
Eine qualitativ gute Beratung des Arbeitgebers geht insofern immer zugleich mit einer fairen Behandlung seiner Mitarbeiter einher.
Gute Beratung muss zudem nicht teuer sein.
Schlechte hingegen ist unbezahlbar, wie das beschriebene Beispiel zeigt..
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