Das Dilemma mit der Berufsunfähigkeit

Das Dilemma mit der Berufsunfähigkeit

Versicherer und deren Vermittler sind sehr darauf bedacht, Berufsunfähigkeitsversicherungen in betriebliche Rentenversicherungen zu integrieren. Um die Abschlusshürden nicht all zu hoch zu halten und vor allem aus noch einem ganz anderen Grund, den Sie gleich noch erfahren werden, treffen Versicherer oft die Regelung, in diesem Fall keine Gesundheitsfragen beantworten zu müssen.
Jeder, der schon einmal eine Berufsunfähgkeitsversicherung abgeschlossen hat, weis, dass die Fragen extrem differenziert und umfangreich sind.
Hat man z.B. nur ein einziges Mal eine Massage verordnet bekommen, um Verspannungen abzubauen, kann allein das schon das Aus für einen solchen Vertrag bedeuten. Entfiele hingegen die Leidige Obliegenheit der Abgabe von Gesundheitserklärungen, kämen weit mehr Menschen in den Genuss dieser wichtigen Risikoabsicherung. Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ist das durchaus möglich, auf Gesundheitserklärungen zu verzichten, denn hier hat der Versicherer ein Versichertenkollektiv von mehreren Arbeitnehmern und kann damit kalkulatorisch einen kollektiven Ausgleich schaffen.
Ein weiterer Vorteil des Abschlusses einer Berufsunfähigkeitsversicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung: Derartige Verträge sind teuer und das schmerzt besonders, wenn man den Beitrag dafür aus dem bereits versteuerten Nettoeinkommen aufbringen muss. Zahlt man den Beitrag dafür aus dem Bruttoeinkommen, also direkt über die Firma, so entfallen Lohnteuern und Sozialabgaben darauf..

Nur eine Message im Antrag angegeben und schon ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeits-versicherung vakant.

medizinische Behandlung

Warum aber rate ich dennoch dazu, solche Verträge als Arbeitgeber(in) im eigenen Unternehmen nicht zuzulassen?
Ganz einfach. Stellen Sie sich die Situation des Eintritts einer Berufsunfähigkeit einmal vor.
Was ist in aller Regel die Ursache? Meist sind es Krankheiten, die sich auswachsen. Zunächst kommt die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Vorlage. Dann folgt eine weitere und immer so weiter. Und nach 5 Wochen wird Berufsunfähigkeit vom Arzt attestiert. Wenn dies eines Ihrer Mitarbeiter beträfe, würden Sie - als Arbeitgeber(in) und Versicherungsnehmer - nun den Versicherer anschreiben und um Auskünfte und Unterlagen bitten. Und der Versicherer wiederum würde seinerseits die Vorlage einer Reihe weiterer Beweisunterlagen abfordern.
Ich frage Sie: Wollen Sie das?

Stopp

Nun gut. Einige, die das lesen, werden einwenden: Dieser gesamte Prozess läuft in der Folge ja direkt zwischen dem betroffenen Mitarbeiter und dem Versicherer. Jedoch, wie sähe es in der Praxis aus? Auch die 5. Woche ging ins Land und sehr schnell ist der Punkt gekommen, an dem die Lohnfortzahlung endet und die Zahlung von Krankengeld beginnt. Der Versicherer prüft und prüft seine Leistungsverpflichtung weiter, fordert weitere Informationen ab, gibt ggf. Gutachten in Auftrag u.s.w.. Und jetzt wird´s dramatisch. Denn jetzt stellt sich die Frage, wer bezahlt die Beiträge für die Berufsunfähigkeitsversicherung, sobald kein Lohnbezug mehr da ist? Der Versicherer - wie gesagt - prüft erst einmal, ob er tatsächlich zur Leistung verpflichtet ist. Das dauert. Wochen, mitunter Monate. In dieser Zeit ist der Beitrag weiterhin fällig.

Bedenken Sie, liebe Arbeitgeber(innen), Sie haben nicht einfach nur eine Versicherung für Ihren Mitarbeiter abgeschlossen. Sie haben ihm vor allem eine Zusage gegeben. Und schon befinden wir uns mitten im Arbeitsrecht.
Würden Sie den Vertrag kündigen und der Leistungsfall für die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente würde tatsächlich positiv beschieden, müssten Sie aus Ihrer Firmenkasse die Berufsunfähigkeitsrente zahlen. Und das schlimme bei bilanzierenden Unternehmen: Die gesamte mögliche Berufsunfähigkeitsrente müsste kumuliert in einer Summe als Verbindlichkeit in Ihre Unternehmens-Bilanz eingestellt werden.
Das kann existenziell bedrohlich werden!

Chef(in) + Versicherung + Mitarbeiter =
                     Arbeitsrecht!

Arbeitsrecht

Deshalb fokussieren Sie sich. Tun Sie genau das, was Sie müssen und worauf Ihre Mitarbeiter einen Rechtsanspruch haben. Auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung haben sie ihn nicht. Den einzigen, den Sie  doppelt froh machten, ist der freundliche Versicherungsvermittler, der Ihnen den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Ihre Mitarbeiter angedient hat. Warum doppelt? Genau damit sind wir bei dem weiteren Grund, der für den Vermittlungswunsch von Berufsunfähigkeitsversicherungen, den ich Ihnen eingangs avisierte. Der Vermittler eine Provision für den Vertragsabschluss. So weit, so gut. In aller Regel wird diese Provision aber diskontiert ausgezahlt, also im voraus. In dem Moment aber, wo dieser Vertrag vorzeitig gekündigt würde - aus welchen Gründen auch immer - müsste der Vermittler demnach wieder Geld an den Versicherer zurückzahlen. Die Haftungszeit, innerhalb der dieses Damoklesschwert über dem Vermittler schwebt, beträgt 5 bis 10 Jahre. Je nach Versicherer und Tarif. Auf keinen Fall darf deshalb für den Vermittler das Vertragsverhältnis gestört werden. Z.B. indem ein Wettbewerber eine erfolgreiche Überzeugungsarbeit für sein viel besseres und ggf. auch noch kostengünstigeres Produkt leistet. Denn wenn das passiert, muss der Ur-Vermittler noch nicht verdiente Provisionsanteile wieder an den Versicherer zurückzahlen. Und das tut weh!

Verbindung

Vermittler brauchen die feste Verbindung
eines dauerhaft bestehenden Vertrages und die Berufsunfähigkeitsversicherung eignet sich dafür am besten.

Wenn Sie meine 10 größten Haftungsrisiken in der betrieblichen Altersversorgung lesen, dann finden Sie ein Reihe weiterer Hinweise und Tipps.
Bleiben Sie wachsam!

Ihre Susanne Richter