Wenn der Vermittler Ihren Arbeitnehmer berät
Ein wahrer Fall. So etwa hat sich die Geschichte zugetragen. Wir schreiben das Jahr 2004. November. Der Versicherungsvermittler, nennen wir ihn Heinz, ist auf dem Weg zu seinem Kunden, den wir Felix nennen. Es geht um die Altersvorsorge. Ein verheißungsvoller Termin. Vermittler und Kunde kennen sich gut. Sie sind im selben Sportverein. Heinz schwärmt von der betrieblichen Altersvorsorge mit ihrer hohen Steuerrendite. Denn anders, als bei Privatverträgen aus dem versteuerten Nettoeinkommen, kann man hier direkt mit Beiträgen aus seinem Bruttoeinkommen ohne Steuer- und ggf. auch ohne Sozialabgaben etwas wirklich gutes für seine Altersvorsorge tun. Das bringt eine schöne Rendite. Und außerdem, das ist das schöne, hat jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, aus seinem Lohn oder Gehalt einen Teil dafür zu verwenden. Aber Heinz fügt auch hinzu, dass dieses einmalige Steuerprivileg nur noch in diesem Jahr gilt. Und das zählt nur noch wenige Tage.
Meistens, wenn es ums Geld geht, bleibt wenig Zeit...

O.K., Kunde Felix kommt auf den Geschmack und Heinz rechnet los. Beim Blick auf das Ergebnis ist Felix dennoch nicht so ganz glücklich. Von seinen 100 €, die er monatlich zahlen will, hat er nur eine Ersparnis von 20 %. Das empfindet er als zu gering. Um Heinz nicht gleich zu brüskieren, bittet er ihn, die Unterlagen dazulassen, um sich das noch einmal in Ruhe zu überlegen. Doch es war schon spät und Heinz wollte einfach nicht ohne eine Unterschrift nach Hause gehen.
Er musste sich also schnell etwas einfallen lassen.
Ein Köder musste her. Er fragte Herbert: "Sag mal, bekommst Du eigentlich Weihnachts- oder Urlaubsgeld von Deinem Chef?" Herbert verneinte lächelnd.

Eine Ersparnis von nur 20 % ist Felix eindeutig zu wenig!
Egal, dachte sich Heinz, nahm den Antrag und die schon vorbereitete Versorgungszusage des Chefs zur Hand und kreuzte hinter der Frage, woraus der Beitrag gezahlt wird, "Prämie" an. Dann rechnete er neu und siehe da: Die Ersparnis für Felix kletterte auf nahezu 50 %. Das freute ihn zwar, aber er wollte wissen, wie dieses Ergebnis so plötzlich zustande kommt. "Ganz eifach", erwiderte Heinz. "Wir tun so, als ob Du Deine Beiträge aus einer Prämie zahlst, denn damit hast Du den großen Vorteil, dass Du neben den Lohnsteuern auch noch Sozialabgaben auf Deine Beiträge sparst."
Das Rechenergebnis selbst ist klar und eindeutig, aber der Rechenweg ist manchmal reine Fantasie...

Gesagt, getan. Heinz bereitete den Antrag vor, füllte auch gleich noch die Versorgungszusage aus und gab Felix auf, beides gleich morgen seinem Chef zur Unterschrift vorzulegen.
4 Jahre später wollte es der Zufall, dass ich über eine schöne Empfehlung den Chef von Felix kennen lernte. Wir nennen ihn hier Herrn Weinhold. Eigentlich hatte ihm sein Steuerberater im Zusammenhang mit seiner Empfehlung an mich, aufgetragen, seine eigene Pensionszusage überprüfen zu lassen. Doch Herr Weinhold und ich waren uns gleich so sympathisch, dass er mich auch darum bat, seine Mitarbeiter-Verträge im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge gleich mit zu überprüfen. Er führte aus, dass es einige Verträge gibt, mittels derer Mitarbeiter ihr Recht auf Entgeltumwandlung wahrgenommen hätten. Herr Weinhold habe ausdrücklich nicht selbst einen Versicherungsvermittler damit beauftrag, sondern dies allein seinen Mitarbeitern überlassen. Damals rannten ihm so viele Versicherungsvermittler das Büro ein und dienten sich an, die betriebliche Altersversorgung in seiner Firma umzusetzen. Das aber wollte der Chef nicht, weil er sich nicht dem Misstrauen aussetzen wollte, eventuell Provisionsanteile aus Vertragsabschlüssen zu vereinnahmen.

3 Wochen später besuchte ich Herrn Weinhold erneut. Dieses mal mit meinem Auswertungsergebnis in der Tasche.
Ich fragte ihn mit einem ungläubigen Blick, ob er tatsächlich seinem Mitarbeiter Felix eine monatliche Prämie zahlte, aus dem dieser seinen Beitrag für eine Direktversicherung speiste? Ungläubige Reaktion!
Erst nachdem ich den Antrag und die Versorgungszusage aus den Akten zog, die mir Herr Weinhold überlassen hatte, und er es schwarz auf weis lesen konnte, wurde er fassungslos! Niemandem in der kleinen Firma würde eine Prämie gezahlt werden und schon gar nicht laufend, monatlich. Aber er hatte es selbst unterschrieben.
Und wenn es hart auf hart käme, könnte man ihm unterstellen, dass er Sozialabgaben hinterzöge. Denn der Effekt der Beitragszahlung aus einer Prämie besteht ja gerade darin, diese nicht noch zusätzlich mit Sozialabgaben zu belasten.
Fehlt die Prämie als Beitragsbezug, wäre dies ein glatter Betrug!
Machen Sie, als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber nicht den Fehler und verlassen Sie sich auf das, was ein Dritter ihrem Mitarbeiter erzählt. Holen Sie sich nicht - ohne Not - Haftungsrisiken ins Haus, die Sie nicht tragen müssen. Vertrauen Sie auf die Richtigen. Und das sind mindestens jene Experten, die ausschließlich die Arbeitgeberseite vertreten und sich wirklich auskennen.